Gießener Anzeiger, 12. Oktober 2024
Ortsschelle zurückgebracht
Glocke ziert jetzt Schreibtisch von Lindens Bürgermeister Fabian Wedemann
Linden (twi). Jetzt fand wieder eine Glocke ihren Weg in das Lindener Rathaus. Mitte 2022 hatte zunächst der damalige Bürgermeister Jörg König nach 36 Jahren eine im Rathaus-Foyer stehende 1895 gegossene Glocke an die evangelische Kirchengemeinde Großen-Linden zurückgegeben. Nun kam es zu einer weiteren »GlockenRückgabe«.
Der ehemalige Lindener Hauptamtsleiter Hans Ulrich Heymann hatte »in den Zeiten, als im Rathaus Aufräumwut herrschte«, die Schelle des letzten Großen-Lindener Ortsdieners gerettet und an sich genommen, »bevor die auch noch unter die Räder kommt«. Er versah sie mit dem Aufkleber »Eigentum der Stadt Linden«, der guten Ordnung halber. Zu Hause bewahrte er diese Glocke aus alten Zeiten auf.
Ein Zeitungsfoto, das den neuen Rabenauer Bürgermeister nach 100 Tagen im Amt am Schreibtisch sitzend mit einer Schelle vor sich zeigte, war es, das Heymann dazu veranlasste, die Ortsschelle an Lindens neuen Bürgermeister Fabian Wedemann zurückzugeben. »Auf deinem Schreibtisch ist ja auch Platz dafür«, sagte Heymann bei der Überreichung. Dem jungen Wedemann wurde gleich auch die Geschichte der Ortsschelle vermittelt.
Noch bis Anfang der 60er Jahre kam diese in der seinerzeit selbstständigen Stadt Großen-Linden zum Einsatz. Die Stadt verfügte über zwei Bekanntmachungskästen, von denen einer sich am ehemaligen Wasserhaus in der Bahnhofstraße 82 und der andere an der ehemaligen Gastwirtschaft Zum Schipkapass Ecke Hüttenberger Straße (seinerzeit Steinweg oder »Stoaweg«)/Fronhofstraße befand. Zuletzt war es Wilhelm Schorge, der als Ortsdiener wirkte. Und wenn dieser die neuesten Bekanntmachungen dort eingehängt hatte, nahm er die Schelle zur Hand und machte damit auf die Neuigkeiten im Kasten aufmerksam. Dies noch fast ein Jahrzehnt lang, obwohl die Stadt Großen-Linden ab 1950 ein Bekanntmachungsblatt mit den amtlichen Bekanntmachungen herausgab. So kündigte der Ortsdiener oftmals auch Kurzfristiges an, das in diesen städtischen Mitteilungen keinen Platz fand, etwa wenn kurzfristig und ungeplant eine Reparatur an der Wasserleitung erforderlich war und dafür das Wasser abgestellt wurde. Dann schellte der Ortsdiener und rief aus, für welche Zeit das Wasser abgestellt werden muss.
Zuletzt im Einsatz war die Ortsdienerschelle im vergangenen Jahrzehnt bei einem närrischen Rathaussturm, wie sich Heymann erinnerte, als er diese nun an Wedemann überreichte.
In dessen Amtszimmer hat die Schelle nun auf dem Schreibtisch einen Ehrenplatz erhalten.