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Bergwerkswald Grundsatzbeschluss

Gießener Anzeiger, 23. April 2024

Ausschuss für eingeschränkte Legalisierung
Grundsatzbeschluss für illegale Bebauung im Bergwerkswald fällt heute Abend im Parlament

Bergwerkswald Schild

VON ERNST W. WEISSENBORN

Linden. Massive Baurechtsverletzungen gibt es in der Siedlung »Am Bergwerkswald«, trotzdem will die Stadt Linden eventuell ein Auge zudrücken. Der Kreis hat jetzt endgültig Nutzungsverbote gegenüber zwei Eigentümern ausgesprochen (der Anzeiger berichtete).

Bereits in der Vorwoche wurde der Stadtverordnetenversammlung für ihre heutige Sitzung empfohlen, für den ungeplanten Lindener Siedlungsbereich, der teils auf Gießener Gebiet verläuft, einen Bebauungsplan aufstellen zu lassen, allerdings unter Bedingungen. Das Maß der gewerblichen Nutzung muss in jedem Fall vertretbar sein. Ein Labor sowie eine Villa als Privatwohnung von Stiftern samt Wohngebäude für das Klientel der zugehörigen Familienstiftung (nicht gemeinnützig) sind dort zu finden.

Es waren einerseits in dem einst vom Bauunternehmen Steinbrecher genutzten Areal in den vergangenen zwei Jahrzehnten illegal Gewerbegebäude zu Wohnungen umfunktioniert worden.

Die Stifter waren für den Anzeiger nicht erreichbar. Sie hatten vor einem Jahr kritisiert, dass eine Nutzungsänderung von der Kreisbauaufsicht nicht anerkannt werde.

Nachträglich stellte sich heraus, dass mehrmals Baustopps verhängt worden waren und trotzdem die illegalen Umnutzungen umgesetzt wurden. In diesem Zuge hatten Baukontrolleure festgestellt, dass ein Unternehmer als weiterer Eigentümer im Bereich auf seinem Gelände eine Containergebäudewand errichtet hatte, die der Baugenehmigung bedurft hätte.

Zudem stellte die Aufsicht fest, dass dessen Firmen- und Wohngebäude vom einstigen Erbauer um 90 Grad »verdreht « errichtet worden war. Ein dritter Beteiligter möchte auf einer Wiese wohl gewerblich bauen.

Es darf in einem ungeplanten Gebiet zwar Bauten geben, aber sie müssen sich einfügen. Da das Areal allerdings immer rein gewerblich genutzt wurde, wären zu Wohnzwecken allerhöchstens Hausmeisterwohnungen genehmigungsfähig gewesen. Ein Flächennutzzungsplan sieht hier auch Gewerbe vor.

Es lebten aber allein in Stiftungsgebäuden noch 70 Menschen Ende 2022, wobei jetzt viele Bewohner ausgezogen sein sollen.

Die Kreisbauaufsicht hat in diesem Jahr strikt gehandelt. Ab dem 1. September greift für zwei Eigentümer ein Nutzungsverbot ihrer Liegenschaften und eine Abrissverfügung ist gleichzeitig für die Zukunft angedroht.

Widersprüche eingelegt

Da bereits Anhörungsausschüsse zur Problematik laut Kreisverwaltung tagten, beschäftigen sich bereits Anwälte der Betroffenen mit dem Vorgehen. Letztlich entscheiden Verwaltungsrichter, falls die Rechtsverletzer nicht vorher einlenken oder die Stadt Linden über einen Bebauungsplan nachträglich Teile der Rechtsverletzung heilen kann.

Ob das überhaupt möglich ist, soll vorab ein Gutachten klären, das die betroffenen Eigentümer gemeinsam zahlen und auf den Weg bringen wollen. Erst wenn dieses Gutachten positiv ausfällt, wird überhaupt angefangen zu planen. Das hatte sich Bürgermeister Fabian Wedemann (CDU) ausbedungen, der die Lindener Bauverwaltung nicht umsonst belasten möchte. Der Magistrat stimmte dem Vorgehen zu.

Letztlich empfahl auch der neunköpfige Bauausschuss um Burkhard Nöh mit sechs Stimmen dieses Vorgehen in der vergangenen Woche. Zwei Gegenstimmen gab es zudem und eine Enthaltung. Heute Abend fällt die Grundsatzentscheidung der bei vollzähliger Anwesenheit 37 Stadtverordneten im Stadtparlament in den Ratsstuben. In der Debatte im Ausschuss ging es darum, ob illegales Handeln überhaupt nachträglich legalisiert werden sollte. Und übergeordnet wurde abgewogen, dass es in Linden kaum noch Gewerbeflächen gibt.

Intern wurde zudem diskutiert, ob eine Freiflächen-Solaranlage im Bereich errichtet werden könnte.

Stadtverordnete der CDU, SPD und Grünen hatten sich zuvor auf Einladung eines Unternehmers die Situation vor Ort schildern lassen. Dieser war auch in der öffentlichen Bauausschusssitzung anwesend, wollte sich aber gegenüber dem Anzeiger nicht weiter äußern.

Bürgermeister Wedemann machte deutlich, dass die Bauleitplanung Bergwerkswald »richtig Geld« kosten werde und er deshalb vorab eine Entscheidung des Parlamentes dazu wünsche. Die Kosten sollen ebenfalls die Eigentümer tragen.

Dilemma für Stadtverordnete

Dr. Christof Schütz (Grüne) schilderte das Dilemma, in dem die Stadtverordneten heute Abend ab 20 Uhr stecken werden, wenn sie der Empfehlung folgen. »Wenn wir Stand heute einen solchen Vorschlag nicht annehmen, was passiert dann? Dann greift ab dem 1. September das Nutzungsverbot und der Eigentümer muss die illegal ausgebauten Räume räumen. Danach wird es perspektivisch eine Abrissverfügung geben. Wir behalten recht, aber die sich am Recht vergangen haben, werden abgemeiert, dann behalten wir weiter recht, aber wir haben ein Problem. Die Frage ist, ob es sinnvoll ist, dieses Problem herzustellen. Wenn wir das machen, was hier vorgeschlagen ist, den illegalen
Zustand zu legalisieren, dann haben wir kein Recht und kein gutes Gefühl, aber haben eine Lösung. Das muss jeder für sich entscheiden.

«Die Grünen hätten entschieden, dass dort kein neues Gewerbe mehr angesiedelt werden dürfe, mit Ausnahme von Photovoltaik. Die Bestandsgebäude seien für die Gewerbenutzung zu sichern.

» Riesenproblem für Ralf Burckart

Ralf Burckart (CDU), selbst Unternehmer, meinte dagegen, dass man das »sicherlich« unterschiedlich sehen könne. »Ich habe zwei große Probleme. Jahrelang, jahrzehntelang hat es dort wissentlich illegale Bebauungen gegeben und auch mehrmalige Strafen. In Kenntnis der Maßnahmen, die nicht rechtens sind, wurde damit über viele Jahre Geld verdient, durch Mieteinnahmen. Wir sollen jetzt hier über die Möglichkeit einer Legalisierung entscheiden, das ist für mich persönlich ein Riesenproblem. « Er sehe auch eine Signalwirkung für diejenigen, die es gerade nicht so genau nehmen.

Thomas Altenheimer (CDU) ergänzte, dass die Christdemokraten ausgiebig diskutiert hätten und es keinesfalls um eine Legalisierung gehe. »Die illegale erhebliche Wohnnutzung ist längst vom Tisch.« Es habe eine »völlig irreale Ausnutzung« eines Eigentümers gegeben. »Wenn wir das jetzt durchziehen beziehungsweise nicht durchziehen, dann lässt die Bauaufsicht die Mühlen weiterlaufen.« Da es Jahre dauere, entstehe ein »Lost place«.

Es gehe nicht darum, ein klassisches Gewerbegebiet zu schaffen, sondern nur um die Bestandssicherung in einem Ausmaß, wie es vertretbar ist. Durch die Nähe zum Naturschutzgebiet und zur Autobahn sowie eine Erschließungsstraße als besserer Feldweg könne es nicht erweitert werden. Bei der Wasserzuführung und dem Abwasser wie auch Altlasten und -bergbau gebe es Problematiken: »Da kann nicht mehr entstehen.«

Er erinnerte sich noch gut an den Vororttermin. »Da haben noch 20 Fahrräder gestanden. Ich wollte Fotos machen, als ein energischer Herr mich ansprach. Das hätte haarig werden können.« Er halte es jedenfalls nicht für zielführend, »alles platt zu machen«.

Dirk Hansmann (SPD) meinte: »Ich würde mitgehen, wenn der Bestand, wie er zunächst genehmigt war, erhalten bleibt und anderes zurückgebaut wird.« Er wünschte sich Aufklärung seitens der Kreisbauaufsicht vor Ort. »Das wäre zielführend, aber die werden nicht kommen. Wir wissen, dass die Bauaufsicht viele Fehler gemacht hat. Die sind personell nicht so besetzt und können nicht allem nachgehen.
Ich will den Kontrolleuren nichts vorwerfen«, erklärte dagegen Altenheimer. Bürgermeister Wedemann betonte, dass seit Mai des Vorjahres das Regierungspräsidium, der Landkreis, er und die Eigentümer mehrfach zusammengesessen hätten.

Bauaufsicht in Schutz genommen

Das veranlasste Katrin von der Decken (Grüne) zu bemerken: »Das Kind ist in den Brunnen gefallen und wird verhungern. Wir hätten es schon schreien hören können, es schrie schon lange. Ich kann nicht alles auf den Kreis abwälzen. Wir sollten jetzt den Zweck als Ziel verankern und das Kind nicht verhungern lassen. « Der Liberale Lothar Weigel gab unumwunden zu, dass sich seine Fraktion schwertue und erst einmal das Gutachten abwarten wolle.

Friedel Löser sah es für die FW so wie andere Fraktionen. Es dürften die Gebäude bei einer Bestandserhaltung nicht größer ausfallen als zuvor genehmigt. Ein Bebauungsplan dürfe ihnen keine Vorteile verschaffen.

Foto: Wißner


VERFÜGUNGEN
Der Kreis stellte dem Anzeiger auf Anfrage eine Historie der Verwaltungsakte und Anregungen gegenüber Eigentümern als Betroffenen und der Stadt Linden in der Bergwerkswald-Siedlung vor:

Villa:
2005/6 Baustopp: Sechs Kontrollen, zwei Zwangsgeldbescheide

2006 Bauleitplanung angeregt, Stadt Linden veranlasst dies nicht, Stifter legt Widerspruch ein, der keine aufschiebende Wirkung hat

2018 Fertigstellung trotz Baustopps

Umbau von Gewerbebestand zu Wohnraum direkt an der Villa:

2018/2019 Sieben Kontrollen, Zwangsgeldfestsetzung in Höhe von 10 000 Euro

2020 Bauherr reicht Fachaufsichtsbeschwerde beim RP Gießen ein, bei Ortsbesichtigung kein Verstoß gegen Baustopp festgestellt, ablehnenden Widerspruchsbescheid erteilt

2020 Juli Androhung eines Nutzungsverbots seitens des Kreises

2021 weitere Kontrollen

2022 Bei Baukontrolle festgestellt: Umbau trotz Baustopps abgeschlossen

2023 Gespräche der Beteiligten RP, Kreisbauaufsicht und der Stadt Linden
2024 Endgültiges Nutzungsverbot ab 1. September, auch für »verdrehtes« Firmengebäude des zweiten Eigentümers im Gebiet. (twi/ww)

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