Bürgermeisterkritik an Land und Kreis

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„Lassen uns nicht veräppeln“: Warum Lindens Bürgermeister Land und Kreis kritisiert

StVV 20251104

von Stefan Schaal

Bürgermeister Wedemann kritisiert die Verteilung der Bundesmittel und kündigt Gespräche über die Kreisumlage im Gießener Land an.

Linden – Bürgermeister Fabian Wedemann hatte die maßgebliche Zahl gerade genannt: 3,5 Millionen Euro. So hoch fällt das Defizit der Stadt Linden im Haushaltsentwurf für das Jahr 2026 aus. Und Wedemann schickte gleich noch ein Geständnis hinterher. „Wow“, sagte er. „Bis heute morgen war mir wegen des Fehlbedarfs schlecht.“

Neuer Kunstrasen

Im kommenden Jahr ist für 720 000 Euro eine Erneuerung des Kunstrasenplatzes geplant. Weil es sich nur um ein Gewerk handelt, kann das Vorhaben nicht über mehrere Jahre abgeschrieben werden, sondern belastet komplett den Haushalt des kommenden Jahres. „Würden wir zusätzlich die kürzlich modernisierte LED-Beleuchtung und die eigentlich gute Laufbahn erneuern, hätte man mehrere Gewerke und könnte die Gesamtkosten auf mehrere Jahre aufteilen“, erklärt Wedemann. „Es wäre pervers. Das machen wir natürlich nicht, weil es keinen Sinn macht.“

Am selben Tag habe es indes ein Treffen der Bürgermeister im Kreis gegeben, erzählte er. „Wir liegen im Mittelfeld. Die Kommunen weisen in der Regel Defizite zwischen einer und sechs Millionen Euro aus.“ Das mache die Situation zwar nicht besser. So gut wie alle Städte und Gemeinden im Kreis aber stecken finanziell in einer schwierigen Lage. Für Linden ist die Situation zudem stemmbar angesichts noch hoher Reserven. „Zum 31. Dezember stehen voraussichtlich 20 Millionen an ordentlichen Rücklagen und weitere fünf Millionen Euro an nicht ordentlichen Rücklagen zur Verfügung“, berichtete Wedemann am Dienstag bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs im Stadtparlament.

Der Entwurf weist im ordentlichen Ergebnis Erträge von 36,96 Millionen Euro und Aufwendungen in Höhe von 40,48 Millionen Euro auf. Durch die Rücklagen sei der Haushalt aus Sicht der Stadtverwaltung als genehmigungsfähig einzustufen. Die Verwaltung schlägt gleichzeitig eine Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B vor: von 365 auf 410 Prozentpunkte. Dadurch komme die Stadt auf Mehreinnahmen von 220 000 Euro. Dies solle zum einen ausgleichen, dass die Stadt durch die Grundsteuerreform im vergangenen Jahr 98 000 Euro weniger als geplant eingenommen hat. Zudem wolle man die im kommenden Jahr bevorstehende Sanierung der Elisabeth-Schwarzhaupt-Straße finanzieren. Dies sei erforderlich vor dem Hintergrund der Abschaffung der Straßenbeiträge 2018.
 

Die Stadt habe damit weiterhin „moderate Steuer- und Gebührensätze“, betont Wedemann. Der Hebesatz bei der Gewerbesteuer soll von 380 auf 381 Prozentpunkte minimal angehoben werden, um den Nivellierungssatz des Landes Hessen einzuhalten.

Wedemann (CDU) richtete indes kritische Worte in Richtung Land und Kreis. Nachdem seit Dienstag feststeht, dass die schwarz-rote Landesregierung von den 7,4 Milliarden Euro, die Hessen aus dem Sondervermögen des Bundes für Infrastruktur und Klimaschutz erhält, 4,7 Milliarden Euro den Gemeinden, Städten und Kreisen überlässt, monierte Wedemann, dass die Gelder nach einem Schlüssel verteilt werden, der die Einwohnerzahl und die Finanzstärke der einzelnen Kommunen berücksichtigt. „Sparen zu Lasten der Infrastruktur und zugunsten des Sparbuchs macht dann leider keinen Sinn, weil wir dann weniger vom Kuchen abbekommen“, sagte der Bürgermeister. „Das ist tragisch, ist aber eben so.“

Zur anvisierten Erhöhung von Kreis- und Schulumlage werden die Bürgermeister im Gießener Land noch mit dem Kreis reden, kündigte Wedemann an. Auch der Landkreis werde ja Gelder aus dem Sondervermögen des Bundes erhalten. Dass dies in der Haushaltsrede im Kreistag „nicht mit einem Satz erwähnt worden ist, fand ich erschreckend“. Die Kommunen „lassen sich nicht veräppeln. Wenn da massiv Geld kommt, will ich eine Begründung dafür haben, warum dann trotzdem an Erhöhungen der Kreis- und der Schulumlage festgehalten wird.“

Wedemann äußerte sich zudem zu aktuellen Vorhaben der Stadt.

Neues Feuerwehrhaus in Leihgestern

Die Stadt hat ein 11 000 Quadratmeter großes Ackergrundstück vis-à-vis der Wiesengrundschule an der Gießener Straße gekauft. Bedingung für den Bau ist noch ein erfolgreiches Abweichungsverfahren vom Regionalplan, weil es sich bislang um eine landwirtschaftliche Fläche handelt. Für kommendes Jahr sind 100 000 Euro, für übernächstes Jahr 50 000 Euro an Planungskosten reserviert. Ab 2028 soll es mit dem Bau losgehen, die Stadt kalkuliert mit acht Millionen Euro. Auf Verwaltungsebene und im Magistrat gebe es noch Überlegungen für einen gemeinsamen Feuerwehrstandort in Linden, „was aber problematisch ist, wenn wir festgelegte Zeiträume einhalten wollen, in denen alarmierte Kräfte am Einsatzort eintreffen sollen.“

Stadthalle

Für den Neubau der Stadthalle sind im kommenden Jahr drei Millionen und im übernächsten Jahr 5,5 Millionen Euro reserviert. Die Stadt wolle Fördermittel im Rahmen eines Programms des Bundes für Sportstätten beantragen, berichtete Wedemann.

Umgestaltung des Rathauses

Zum barrierefreien Umbau des Rathauses, einer energetischen Sanierung und der Optimierung der Büroräume für 1,4 Millionen Euro liegt eine Machbarkeitsstudie vor. Für die Planung im kommenden Jahr sind 50 000 Euro reserviert, gebaut werden soll 2027 und 2028.

Straßensanierungen

In diesem Jahr wurde die Lindenstraße für 664 000 Euro saniert. 2026 ist die Elisabeth-Schwarzhaupt-Straße an der Reihe, dafür sind 575 000 Euro eingeplant. Die Stadtverwaltung hat nach Begutachtung der Zustände der Straßen und Kanäle festgelegt, welche Sanierungen in den folgenden zwei bis drei Jahren anstehen: in Großen-Linden der obere Abschnitt der Schillerstraße sowie die Straße Heeggraben – und in Leihgestern die Freiherr-vom-Stein-Straße sowie der restliche Teil der Kirchstraße. 

Sanierung des Freibads

Das Freibad soll im kommenden Jahr für 630 000 Euro modernisiert werden. Insbesondere soll die Entwässerung, die bislang über den Bach läuft, neu geregelt werden. Nach einer Ausschreibung im Herbst habe sich kein Unternehmen beworben, berichtete der Bürgermeister. Man werde das Vorhaben neu ausschreiben. „Ansonsten bin ich mit meinem Latein am Ende.“

Verkehrslösung für die Wiesengrundschule

Vor der Wiesengrundschule soll für 1,1 Millionen Euro der Verkehr neu geregelt werden. Anfang kommenden Jahres soll über das Vorhaben in den Lindener Ausschüssen diskutiert werden.

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