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Rathauschef im Kreis Gießen verfasst Brandbrief: „Vor zusätzlichen Belastungen schützen“

Liebermann

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Von: Stefan Schaal

Kündigungen „in nicht geahntem Ausmaß“, Frust und Misstrauen innerhalb der Verwaltung: Der Erste Stadtrat Lindens macht auf eine dramatische Lage im Rathaus aufmerksam.

Linden - Harald Liebermann, der Erste Stadtrat Lindens, untermauert in einem Brandbrief die dramatische Personalsituation im Rathaus der Stadt. »Es gibt keine gedeihliche Zusammenarbeit mehr«, schreibt er. Es gebe Kündigungen »in nicht geahntem Ausmaße«, berichtet er. Von Woche zu Woche werde es »schwieriger«. Liebermann, der seit Dezember vergangenen Jahres nach dem Rückzug Jörg Königs als Bürgermeister interimsweise die Geschicke im Rathaus lenkt, verteidigt gleichzeitig die Mitarbeiter der Stadtverwaltung gegen Angriffe.

Liebermann hatte bereits im Januar im Gespräch mit dieser Zeitung sowie im Lindener Haupt- und Finanzausschuss in deutlichen Worten auf die Lage im Rathaus aufmerksam gemacht, hatte von einer »dramatischen« Situation gesprochen. Das Problem hat sich nun weiter verschärft. In den vergangenen zweieinhalb Wochen habe es weitere vier Kündigungen gegeben, erzählt er. Zum Teil handle es sich um Fachdienst- und Fachbereichsleiter. »Dies trifft den Nerv einer Verwaltung«, betont Liebermann.

Linden (Kreis Gießen): Kündigungen und langzeitige Ausfälle

Der Leiter des Bauamts und die Leiterin des Personalamts befinden sich in Wiedereingliederungsmaßnahmen mit geringer Stundenzahl. Am vergangenen Freitag hat der Leiter des Ordnungsamts seine Kündigung eingereicht, wenige Tage vorher eine Standesbeamtin. Kündigungen und langzeitige Ausfälle gibt es zudem im Finanzwesen und im Bereich der Auftragsvergabe. In zentralen Positionen seien es inzwischen mehr als zehn offene Stellen, sagt Liebermann.

»In wöchentlichen Besprechungsrunden versuchen wir, uns auf die immer wieder neue personelle Situation einzustellen.« Angesichts der Vielzahl an Kündigungen sei dies aber immer schwieriger zu bewältigen.

»Was ist los in Linden? Was ist los im Rathaus?« Diese zwei Fragen bilden die Überschrift des Schreibens Liebermanns. »Es ist wie immer, es gibt keine einfache Erklärung«, erklärt er dann, um in einer »subjektiven Analyse«, wie er einräumt, Gründe darzulegen.

Sorgen im Rathaus Linden: Zusätzliche Belastungen für übriges Personal

Ein Problem sei, führt Liebermann zu Beginn des Briefs an, dass die immer wieder im Stadtparlament formulierte Unzufriedenheit mit dem früheren Bürgermeister Jörg König sich auf die gesamte Verwaltung übertragen habe. Die Kommunalpolitik habe versäumt, wenn sie pauschal von »der Verwaltung« sprach, die Folgen des Wortgebrauchs zu bedenken. »Dieses Vorgehen wirkt nicht nur nach außen, wie es Facebook-Kommentare überdeutlich machen, es wirkt ebenfalls in die Verwaltung hinein.« Die vielen Kündigungen seien eine Folge davon. »Es ist doch nur logisch, wenn die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihnen nichts, aber auch gar nichts zugetraut wird.«

Die Bereitschaft zur Mehrarbeit sei unter den Mitarbeitern weiterhin enorm, betont Liebermann. Die durch die Kündigungen entstehende Mehrarbeit für das übrige Personal führe aber zu zusätzlichen Belastungen. Über Langzeitkranke dürfe man sich dann nicht wundern.

Der Erste Stadtrat wehrt sich außerdem gegen mehrere anonyme Schreiben, deren Verfasser sich »Die Whistleblower aus dem Rathaus« nennen und die Vorwürfe gegen den Magistrat, den früheren Bürgermeister und Teile der Verwaltung erheben. Auch der Kommunalaufsicht liegt eines der anonymen Schreiben vor. Der Magistrat werde dazu angehört, erklärt eine Sprecherin des Landkreises auf Nachfrage.

Linden (Kreis Gießen): Misstrauen unter Mitarbeitern als Problem

Liebermann widerspricht den Vorwürfen scharf. Die in einem der Schreiben getroffene Aussage, die Verwaltung verwalte sich selbst, mit dem Ziel, ein gutes und auskömmliches Arbeitsumfeld zu haben, sei »an Absurdität nicht zu übertreffen«. Ob die sogenannten Whistleblower tatsächlich Mitarbeiter der Rathausverwaltung sind, sei fraglich, erklärt Liebermann. Die Konsequenzen der anonymen Briefe indes seien fatal. Sie sorgen für Misstrauen unter den Mitarbeitern. »Mit wem kann ich noch offen und ehrlich kommunizieren? Kann ich in einem solchen Umfeld noch gut und zufriedenstellend arbeiten? Diese Fragen stellen sich die Mitarbeiter zwangsläufig.«

Es sei unbestritten, dass die Verwaltung personell aufgestockt werden muss, erklärt Liebermann. »Wir werden jetzt die fünf wichtigsten Ausschreibungen auf den Weg bringen und weitere in Etappen.« Es sei wichtig, auf die aktuelle Personalsituation hinzuweisen, um sich vor die Mitarbeiter zu stellen und auch um die Lindener darauf einzustellen, mit längeren Wartezeiten bei Anfragen an die Verwaltung zu rechnen. »Ich werde Aufgaben priorisieren«, erklärt der Erste Stadtrat, »und ich werde die verbliebenen Mitarbeiter vor zusätzlichen Belastungen schützen müssen.« (srs)

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