Aus dem Rathaus

Gießener Anzeiger, 23. Februar 2023

»Kündigungen in nicht geahntem Ausmaß«

Lindens Erster Stadtrat Harald Liebermann äußert sich zu Problemen in Verwaltung – Wer sind »Whistleblower«?

Linden (red/fod). »Was ist los in Linden? Was ist los im Rathaus? «: Diese Fragen stellten sich seit geraumer Zeit nicht nur die Lindener Bürger, sondern auch andere Kommunen im Landkreis Gießen und teils darüber hinaus, beginnt der Erste Stadtrat Harald Liebermann seine jetzt überraschend herausgegebene Pressemitteilung. Der CDU-Politiker, der bis zum Amtsantritt des nächsten Stadtoberhaupts die Geschicke im Rathaus leitet, präsentiert darin eine »subjektive Analyse« der vielfältigen Gründe, »warum wir an einer Schwelle stehen, die es uns in der Verwaltung nicht mehr ermöglicht, die Bürger umfänglich zu bedienen«. Hierfür gebe es jedoch »keine einfache Erklärung«, macht er sogleich deutlich.

Rückblickend berichtet Liebermann, dass sich die im Parlament fraktionsübergreifend gezeigte tiefe Unzufriedenheit mit der Arbeit des im Dezember zurückgetretenen Bürgermeisters Jörg König (CDU) »leider auf die gesamte Verwaltung übertragen hat«. Denn argumentativ habe es immer wieder geheißen, »die Verwaltung ist nicht in der Lage oder nicht fähig«. Aus seiner Sicht habe man es beim Ziel, König aus dem Amt zu hieven, »versäumt, die Folgen des Wortgebrauchs ›die Verwaltung‹ zu bedenken. Dieses Vorgehen wirkt nicht nur nach außen, wie es Facebook-Kommentare überdeutlich machen, es wirkt ebenfalls in die Verwaltung hinein «, merkt er an.

Hohe Frustration

Die Folge »waren und sind Kündigungen in nicht geahntem Ausmaße«, so Liebermann weiter. Auf Nachfrage des Anzeigers berichtet er »von derzeit 12 bis 13 Positionen in der Verwaltung, die nicht besetzt sind«. Und das unter anderem bei Bürgerbüro, Ordnungsamt oder Finanzverwaltung. Allein in den vergangenen zweieinhalb Wochen habe es vier weitere Kündigungen gegeben. Einige davon beträfen Fachdienst- und Fachbereichsleiter. »Dies trifft den Nerv einer Verwaltung. In wöchentlichen Besprechungsrunden versuchen wir uns auf die immer wieder neue personelle Situation einzustellen. Es wird aber von Woche zu Woche schwieriger«, betont der Erste Stadtrat.

Liebermann hält es für »nur logisch, wenn die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihnen nichts, aber auch gar nichts zugetraut wird«. Es sei daher »nachvollziehbar, dass insbesondere diejenigen, die die durch Kündigungen entstandenen Lücken zu schließen und durch Mehrarbeit und Überstunden aufzufangen versuchen, besonders frustriert sind«. Die Bereitschaft zur Mehrarbeit sei jedoch unter den Mitarbeitern »noch immer enorm. Dies hat aber zur Folge, dass wir uns über Langzeitkranke durch die daraus resultierenden Belastungen nicht wundern müssen«.

Die Gemütslage unter Rathausmitarbeitern sei schließlich in den vergangenen Wochen aufgrund dreier anonymer Schreiben, die an die Fraktionsvorsitzenden der im Parlament vertretenen Parteien versandt wurden, vollends aus dem Gleichgewicht geraten. »In diesen Schreiben wurden massive Vorwürfe gegen den gesamten Magistrat, den Bürgermeister und Teile der Verwaltung erhoben. Sie gipfelten in der Aussage, die Verwaltung verwaltet sich selbst, mit dem Ziel, ein gutes und auskömmliches Arbeitsumfeld zu haben. Dies ist an Absurdität nicht zu übertreffen«, stellt Harald Liebermann klar. »Die Krönung« sei dann das dritte anonyme Schreiben gewesen, das mit »Die Whistleblower aus dem Rathaus« unterzeichnet worden war. »Sind es ›Whistleblower‹ aus dem Rathaus? Oder sind es ›Whistleblower‹ von außen? Diese Fragen darf man getrost stellen «, meint er.

Ausschreibungen

Doch was mache eine solche Unterzeichnung nach Bekanntwerden mit den Mitarbeitern in der Verwaltung? »Es gibt keine gedeihliche Zusammenarbeit mehr. Wer steckt dahinter? Mit wem kann ich noch offen und ehrlich kommunizieren? Kann ich in einem solchen Umfeld noch gut und zufriedenstellend arbeiten? Diese Fragen stellen sich die Mitarbeiter zwangsläufig«, gibt Liebermann einen Einblick in das Gefühlsleben der Verwaltungsbeschäftigten.

Für den Magistrat sei es »unbestritten, dass die Verwaltung personell aufgestockt werden muss«. Um der Entwicklung gegenzusteuern, sollen nun »die fünf wichtigsten Ausschreibungen « auf den Weg gebracht werden und weitere in Etappen. »Mit welchem Erfolg wage ich aufgrund der zuletzt gemachten Erfahrungen nicht zu sagen«, zeigt sich der Erste Stadtrat realistisch. Darüber hinaus werde er »Aufgaben priorisieren. Und ich werde die verbliebenen Mitarbeiter vor zusätzlichen Belastungen schützen müssen«.

Dies alles nach außen zu kommunizieren, sieht Liebermann als seine »Pflicht« an. Und es sei auch sein Beweggrund für die jetzige Pressemitteilung gewesen. »Mein Vorgehen wird Einfluss auf einige bestehende Aufgaben und Projekte haben, die letztendlich auch unsere Lindener Bürger betreffen«, verdeutlicht er die Wichtigkeit.

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